Der Tag begann – wie auch gestern – mit einem forschen Klopfen des Zimmermädchens um 6.00 Uhr an meiner Tür, das mich darauf aufmerksam machte, dass es ihrer Meinung nach angebracht wäre, meine Reisetasche doch jetzt schon zum Haupthaus zu tragen, falls ich und meine Tasche trocken dort ankommen wollten, denn in 5 Minuten würde es heftig regnen. Ist schon schön, wenn sich so um einen bemüht und gesorgt wird.
Und ja – wo sie recht hat, hat sie recht. 3 Minuten später ging ein heftiger Tropenregen nieder.
Pünktlicher (was ist mit der afrikanischen „wenn heute nicht dann morgen“ Mentalität ??) Pickup durch ugandischen Tourveranstalter „African Secrets“ in Form von Betty (meinem dortigen Lieblingskontakt, der mit einer Engelsgeduld alle meine Fragen im Lauf der letzten Monate im Detail beantwortet hat, und nun das Geld dafür einkassieren kam) und meinem Guide Sam. Aufbruch von Entebbe zum Bwindi Nationalpark, dem „Königreich der Gorillas“, gelegen am anderen Ende Ugandas (10h Fahrt).
Eindrücke einer Fahrt einmal quer durch´s Land:
Tropischer Regenwald, inkl. Regen, ländlich, viele kleine Dörfer, Unmengen von Schulkindern auf der Strasse in Uniformen in allen Farben des Regenbogens, und mit Gummistiefeln und Regencapes angetan (so vorhanden). Die Häuser schreiend bunt bemalt in leuchtrot, gelb, grün – als Werbetafel des jeweiligen Produktes, vornehmlich Coca Cola, zwei Handyanbieter und ein Mineralölunternehmen.
Seitenstrassen alle aus roter schlammiger Erde (hab ich schon den sintflutartigen Regen erwähnt ?) mit Löchern so tief dass ein Minivan problemlos darin versinken kann.
An der Strasse angebotene Jackfruits, Kartoffeln, Bananen (wusstet Ihr, dass es 9 Sorten davon gibt ?) und Mais (Hauptnahrungsmittel hier). Kühe (die mit den extralangen Hörnern), Marabus und Kronenkraniche entlang der Strasse...
Und nebenbei auch noch (mal wieder) den Äquator und das zugehörige „Äquatordenkmal“ überquert. Ach, und: es gibt überall in den Orten malerische kleine Holzkirchen (christlich oder ähnliche Glaubensrichtungen).
Nach einem halben Tag Fahrt starkes Bedürfnis nach einer Flasche Whisky zur Beruhigung der Nerven (Fahrweise ähnlich Indien – wer bremst verliert).
Man KÖNNTE eigentlich auch langsamer über die Bodenwellen/Löcher etc. fahren...oder nicht frontal auf die anderen Verkehrsteilnehmer zu...oder dann überholen, wenn mal KEIN Gegenverkehr kommt...aber das wär ja langweilig...wusste gar nicht, wie nah man mit so einem Toyota Minivan dem Gefühl des Fliegens kommen kann...leider unkontrolliertes !
Nach kurzem Stop zum Mittagessen & Tanken Stadt „Mbarara“ passiert...hier hat sich 1976 die größte Schlacht zwischen den tansanischen und den ugandischen Truppen abgespielt, die zum Sturz von Idi Amins Herrschaft führte...Stadt sieht immer noch sehr zerstört aus.
Militärpräsenz im Land (war gestern auch in Entebbe zu sehen) zur Zeit wieder sehr erhöht, da neue Demonstrationen angekündigt sind, gegen die die Regierung vorgehen will. Demonstranten wollen zu Fuss zur Arbeit gehen, um der Regierung zu zeigen, dass sie nicht auf deren Transportmitteln angewiesen sind/deren Macht begrenzt ist. Ungewöhnliche Methode, aber anscheinend wirksam (wie die Niederschlagung der Demonstration im März gezeigt hat-Regierung nimmt Proteste ernst).
Noch zum Thema Essen: das mit dem „warme Speisen“ bestellen kann man in Uganda getrost gleich mal vergessen....die meiste Zeit heisst es dann nämlich, dass leider der Toaster/Grill etc. wg. Stromproblemen nicht einsatzbereit ist (trockener Toast am Morgen..bäh !)
Auf ganzer Strecke (halb durchs Land) bisher noch keinem einzigen anderen „Muzungu“ (Bleichgesicht) begegnet, nicht mal im Gegenverkehr...
Strasse – die vorher in Zwischenstücken noch mehr oder weniger geteert war – nun in Nähe der Grenze zu Kongo in Schlammpiste übergegangen...der Bus vor uns mit der nach rechts versetzten Hinterachse (sieht aus, als würde ihn sein eigenes Hinterteil überholen) führe direkt in den Congo, meint mein Führer. Nein danke... Dann doch lieber die Abzweigung in die Berge Richtung Bwindi Nationalpark.
Also eigentlich wäre die Strasse, die wir nun langfahren, eine reine Jeep/4x4 Piste...schade nur, dass wir in einem Toyota Minivan sitzen...einem Toyota Minivan mit Superkräften, Respekt, also mein Golf hätte schon nach den ersten 300m drei Achsbrüche und wäre komplett steckengeblieben...
So schrauben wir uns die Berghänge hoch, auf 2100m...Aussicht auf nebelverhangene Täler, über Hängebrücken und an Berghängen entlang gerutscht/geschlittert...(nicht ganz unähnliche der Anfangsszene in „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“, die Busfahrt von Kathleen Turner in Venezuela nach Cartagena)
also mal ganz ehrlich, die Strecke wäre unseres Wrangler Jeeps aus Island oder dem alten Landcruiser aus Tibet würdig gewesen....aber auf dieser Strecke gewinnt der Slogan von Toyota „Nichts ist unmöglich“ eine ganz neue Bedeutung.
Geistig sehe ich uns alle 5m mit Achsbruch und Schlimmerem liegen bleiben...und wüsste – trotz Handyempfangsignals, immerhin –nicht mal, an wen mein Telefonjoker gehen sollte..an Betty ? Andy zum Kompanie losschicken? Die Army ? „Ich bin ein Star holt mich hier raus“ ??
Tja, Frage erübrigt sich, denn nur soviel: mein Handy zeigt konstant die Meldung „Inaktive SIMcard“ an, weil es die Erschütterungen im Auto nicht verkraftet !!! (wir sprechen von meinem robusten quadratischen Sony Ericsson, nicht dem iPhone !)
Gegend wird immer entlegener...in der Höhe säumen Kaffee und Teeplantagen den Schlammschüttelpfad (also – mein Mountainbike würde die Strecke NICHT schaffen..). Und die schwarz und braun gescheckten Kühe muten etwas seltsam an in dieser Gegend. Gegen 5 Uhr dann in m Örtchen Buhoma (der „Gorillazentrale“) und der wenige Meter vor dem Eingang zum Nationalpark gelegenen „Gorilla Resort“ Lodge eingetroffen.
Mit feuchtem Handtuch und Welcome Drink begrüßt...welche Wohltat !!
Lodge ist recht überschaubar, besteht aus offenem Haupthaus und 5 Hütten/Zelten, aber mit traumhafter Lage am Hang, jede Hütte mit Blick auf die Berge. Die Behausung ist ein Wohnzelt, das auf einem Holzboden steht und mit Holzdach versehen ist. In dem Zelt stehen 2 Betten, und das Bad ist hinten am Zelt angefügt. Und man stelle sich vor, meine Hütte verfügt sogar über Sonnenkollektoren und – jetzt kommt´s – eine viktorianische Badewanne mit Klauenfüssen !!
Abendessen im Haupthaus bei Dämmerung (Licht ist nur in Sparausführung vorhanden bzw. über Generator), und mit Fleecejacke (ist doch empfindlich kühl auf 2000m) und: ich bin ganz allein in der Lodge ! Kein anderer Tourist weit und breit. Alles sehr hübsch hergerichtet im Haupthaus, schön gedeckter Tisch mit Servietten etc., Essen appetitlich angerichtet auf Teller. Geht man allerdings zur Bar, sieht man, dass das Haupthaus dort zu Ende ist – dahinter sind dieselben Hütten, wie auch in den ländlichen Dörfern, und dort wird das Abendessen für die Lodge gewaschen & zubereitet.